Verbleibchancen junger Frauen in der Oberlausitz
Ausgangspunkt des Forschungs- und Praxisprojektes ist die doppelte Frage: „Warum bleiben qualifizierte junge Frauen (nicht) in der Oberlausitz?“. In den letzten beiden Jahrzehnten sind aus dem Landkreis und der Region Oberlausitz überproportional viele junge Frauen abgewandert. Diese Abwanderung beschleunigt nicht nur die Alterung der Bevölkerung, sondern schwächt die wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Entwicklungspotentiale der Region. Vor diesem Hintergrund will das Projekt einerseits erforschen, welche Faktoren dazu beitragen (können), dass einige, junge und vor allem hoch qualifizierte Frauen die Region nicht verlassen, sondern bleiben (wollen). Andererseits und parallel zur Analyse sollen Betroffene und Verantwortliche miteinander ins Gespräch gebracht und in ihren Aktivitäten vernetzt werden, um Möglichkeiten der Verbesserung der Verbleibchancen für junge qualifizierte Frauen auszuloten und umzusetzen.
Offenkundig sind die Verbleibchancen für junge Menschen (16-35 Jahre) im Landkreis Görlitz relativ gering. Viele junge Frauen und Männer migrieren entweder dauerhaft oder für eine längere Zeit in andere Regionen. Den ersten Projektergebnissen zufolge wandern sie vor allem aufgrund unattraktiver Ausbildungs- und Studienangebote, infolge relativ schlechter Beschäftigungs- bzw. Karrierechancen. Diese sogenannte Bildungswanderung ist typisch für die Altersgruppe. Im privaten und öffentlichen Diskurs erscheint das Abwandern und die Abwanderungsbereitschaft aus dem Landkreis und der Region Oberlausitz als ‚Normalität'. Gleichzeitig ist die Bleibeorientierung bei den befragten jungen Frauen und Männern mit über 30% auffällig. Der Wunsch, im Landkreis leben zu bleiben, wird offensichtlich im Lebensverlauf durch die Entscheidung wegzugehen, korrigiert.
Befunde aus der ersten Projektlaufzeit zeigen, dass sich im Landkreis Görlitz die Erwerbsarbeits- und Karrierechancen junger Frauen nur in schmalen Segmenten des Arbeitsmarktes verbessert haben - insbesondere nach dem erfolgreichen Bildungsabschluss und Berufsstart, d.h. in der Altersgruppe 25-35 Jahre. Vor allem hochqualifizierte junge Frauen mit sozial- und geisteswissenschaftlichen Abschlüssen begreifen sich als wenig wahrgenommene Gruppe, die sich trotz Bleibewilligkeit mit Abwanderung beschäftigen muss.
Im laufenden Projektzeitraum wird die detaillierte Auswertung der quantitativen Befragungen von Schülerinnen und Schülern im Landkreis und den Studierenden der Hochschule sowie den qualitativen Daten zu den ländlichen Lebenswelten qualifizierter Frauen vorgenommen. In Schwerpunkt-Werkstätten entwickeln die politischen und administrativen Akteure gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Akteuren Strategien zur Verbesserung der Verbleibchancen insbesondere für qualifizierter Frauen im Landkreis Görlitz. Um den Austausch der Frauen in der Region und darüber hinaus zu fördern, laden die Projektmitarbeiterinnen im Rahmen einer Netzwerkveranstaltung Frauen aus dem Landkreis Görlitz ein, miteinander bekannt zu werden und ihre Sichtbarkeit zu erhöhen. In enger Zusammenarbeit mit der Gleichstellungsbeauftragten des Landkreises planen wir Veranstaltungen und Workshops entlang der Bedarfe nach Qualifizierung, beruflichen Perspektiven und Netzwerken in bestimmten Lebenslagen. Eine eigens entwickelte Website soll den analogen Austausch fortführen, Informationen bereithalten und als digitale Plattform auch potenzielle Zu- und Rückwanderinnen ansprechen.
- Analyse der Faktoren, die junge qualifizierte Frauen im Landkreis Görlitz bzw. in der Region Oberlausitz zum Bleiben bewegen (können)
- Vernetzung von Frauen und VertreterInnen aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Bildung und Zivilgesellschaft
- Junge, vor allem gut ausgebildete Frauen in der Region im Alter von 16 bis ca. 35 Jahren
- Organisierte AkteurInnen aus den Bereichen Politik und Verwaltung, Kultur und Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Bildung
- Quantitative Befragungen der SchülerInnen der gymnasialien Oberstufen im Landkreis und der Studierenden der Hochschule Zittau/Görlitz
- Qualitative Forschung mit Experteninterviews, vertiefenden Einzelinterviews und Fokusgruppengesprächen
- Veranstaltungen zum Informationsaustausch und zur Vernetzung verschiedener AkteurInnen in der Region
Projektträger des Forschungsprojekts ist der Landkreis Görlitz, vertreten durch die Gleichstellungsbeauftragte, Frau Ines Fabisch. Bearbeitet und verwaltet wird das Projekt vom TRAWOS-Institut der Hochschule Zittau/Görlitz. Der Freistaat Sachsen (Sächsische Staatskanzlei) fördert das Projekt im Rahmen der Förderrichtlinie Demografie.
Zur zweiten Forschungswerkstatt „Leben in der Oberlausitz – Lebenswelten von qualifizierten Frauen“ folgten 30 Multiplikator*innen aus Wirtschaft, Politik, Bildung, Personalentwicklung, Verwaltung und Forschung unserer Einladung am 05.09.2016 nach Boxberg. Zusammenfassung
Projektkoordination
Julia Gabler, Dipl. Soz.-Wiss.
wissenschaftliche Mitarbeiterin