Forschungsprojekt in Kooperation mit Marisa H. Fisher, PhD, Assistant Professor, Dept. of Counseling, Educational Psychology, & Special Education, Michigan State University, USA.
Das Williams Beuren Syndrome (WBS) ist eine seltene Entwicklungsstörung infolge einer Deletion von ca. 26 Genen (Hillier et al., 2003) auf dem Chromosom 7q11.23 mit einer Prävalenz von 1:7500 Lebendgeburten (Strømme, Bjørnstad, & Ramstad, 2002). Personen mit WBS zeigen ein hohes Interesse mit anderen Menschen zu interagieren (Klein-Tasman & Mervis, 2003; Klein-Tasman et al., 2011; Mervis et al., 2003) und werden oft als gesellig (Gosch & Pankau, 1997), charmant (Fryns, Borghgraef, Volcke, & Van den Berghe, 1991) und ungehemmt im Umgang mit Vertrauen und Fremden beschrieben (Järvinen, Korenberg, & Bellugi, 2013). Trotz ihres sozialen Wesens offenbaren Personen mit WBS eine Vielzahl von sozialen Schwierigkeiten, z.B. den Aufbau und das Aufrechterhalten von Beziehungen zu Gleichaltrigen und wenig Wissen über das Konzept Freundschaft (z.B. Davies, Udwin, & Howlin, 1998; Sullivan, Winner, & Tager-Flusberg, 2003). Im Erwachsenenalter kommt es oft zu Konflikten mit Kollegen am Arbeitsplatz, zudem gelingt selten dauerhaft Liebesbeziehungen aufzubauen (Davies et al., 1997, Davies et al., 1998, Elison, Stinton, & Howlin, 2010). In den letzten Jahren hat Fisher (Fisher & Morin, 2017, Lough &Fisher, 2016) eine Forschungsagenda ins Leben gerufen, um diese scheinbar paradoxe Kombination aus einer äußerst geselligen und freundschaftlichen Einstellung und erheblichen Schwierigkeiten bei reziproken sozialen Interaktionen besser zu verstehen. Insbesondere hat Fisher untersucht, 1) wie sich soziale Kompetenzdefizite auf die Entwicklung von Freundschaften und das Gefühl der Einsamkeit bei Personen mit Williams-Syndrom auswirken; und 2) warum Personen mit Williams-Syndrom soziale Viktimisierung erfahren.
Prosetzky (2014) hat auf der Grundlage der neuropsychologischen Entwicklungstheorien von Vygotskij (Lompscher, 2003) und Lurija (1966, 1997) einen theoretischen Ansatz entwickelt, um die paradoxe Kombination von geselligen und freundschaftssuchendem Verhalten und erheblichen Schwierigkeiten mit rekursiven sozialen Interaktionen bei Personen mit Williams-Beuren-Syndrom besser verstehen zu können.
Fisher und Prosetzky streben eine internationalen Zusammenarbeit an, um die die spezifischen Variablen im Zusammenhang mit Freundschaftsschwierigkeiten und sozialer Verwundbarkeit gemeinsam zu untersuchen und Wege zu finden, um insbesondere die Freundschaftsqualitäten von Erwachsenen mit WBS zu verbessern. Diese Erkenntnisse können darüber hinaus auch für Erwachsenen mit anderen Formen von geistiger Behinderung hilfreich sein.
Zweimonatiger Forschungsaufenthalt von Prof. Prosetzky an der Michigan State University in den USA (zwischen August und Oktober 2019)
Durchführung eines Projektvorbereitenden bilateralen Workshops im März 2020 (der Termin musste aufgrund der Corona-Pandemie in den Herbst verschoben werden), Teilnehmende u.a.: Prof. Dr. Marisa H. Fisher, Prof. Dr. Bonnie Klein-Tasman (Department of Psychology, University of Wisconsin-Milwaukee, USA), Prof. Dr. Jo van Herwegen (Department of Psychology and Human Development, University College London, Institute of Education, UK)
Entwicklung einer Forschungsagenda um die sozialen Erfahrungen von Erwachsenen mit WBS besser verstehen zu können
Das Projekt wird mit 12.000 € von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Das Projekt im FIS (Forschungsinformationssystem der HSZG)