Novembertagung 2016

"Perspektiven für den ländlichen Raum" - Der Fall Oberlausitz: Analysen, Akteure, Argumente

Zur 10. Novembertagung lud das TRAWOS-Institut in Kooperation mit dem Landkreis Görlitz am 25. November 2016 auf dem Hochschulcampus in Görlitz ein. Die Veranstaltung wurde von der Sächsischen Staatskanzlei über die Richtlinie Demografie gefördert.

Ein Herr steht am Rednerpult und begrüßt Zuhörende in einem Hörsall.
Begrüßung der Tagungsgäste durch den Rektor der Hochschule Zittau/Görlitz Prof. Dr. Friedrich Albrecht

Mehr als 120 Teilnehmer*innen aus der Region, Sachsen und darüber kamen zusammen, um gemeinsam mit Referent*innen aus Wien, Berlin, Potsdam, Weißwasser, Erlau in Sachsen und der Region Oberlausitz  Entwicklungsperspektiven für ländliche Regionen angesichts demografischer, sozialer und ökonomischer Wandlungsprozesse zu thematisieren.

Denn die Oberlausitz steht wie andere ländliche Räume vor der Herausforderung die Lebensqualität jenseits von Metropolen zu sichern, Zukunftsperspektiven zu entwickeln und praktisch zu gestalten. Dazu sind nicht nur polit.-administrative Akteure auf Landes- und Kommunalebene aufgefordert, sondern auch Akteure der Wirtschaft und Bürgergesellschaft, die zusammen mit den Kommunalverwaltungen zukunftsfähige Entwürfe zur Sicherung der Daseinsvorsorge in ländlichen Regionen entwickeln müssen. Das Gelingen hängt dabei von den Handelnden vor Ort ab, ihren Einstellungen, ihrer Offenheit für Neues und ihrer Fähigkeit, die bislang gewohnte Praxis zu verändern. Im Zusammenspiel von Menschen und Institutionen aller gesellschaftlichen Bereiche liegen die endogenen Potenziale für soziale Innovationen in einer Region. Dazu sind alle Generationen gleichermaßen aufgerufen. Doch in einer alternden Gesellschaft stellen sich auch die Fragen nach innovativen Potenzialen und möglichen Innovationsblockaden neu.

„Weniger ist also anders!“ Oder doch nicht? In den letzten beiden Jahrzehnten sind aus dem Landkreis und der Region Oberlausitz überproportional viele junge Frauen abgewandert. Diese Abwanderung beschleunigt nicht nur die Alterung der Bevölkerung, sondern schwächt die wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Entwicklungspotenziale, und damit nicht zuletzt die Innovationskraft der Region. Umso erstaunlicher ist es, dass Bemühungen, aktive Frauen in der Region sichtbar zu machen und ihren Verbleib in der Region zu unterstützen, auf wenig Resonanz zu treffen scheinen. Woran liegt das?

Grundlage für die Diskussionen bildeten Befunde zu ambivalenter Qualitäten des ländlichen Raumes in der Oberlausitz, ihren Akteuren und sozialen Praktiken aus zwei Forschungsprojekten. Prof. Raj Kollmorgen präsentierte die Ergebnisse des durch SMWK-Mittel geförderten Projektes zu sozialen Innovationen. An Fallbeispielen wurden Entstehungsbedingungen, Interaktionsbeziehungen und Wirksamkeit von Initiativen in der Region untersucht. Dr. Anita Kottwitz stellte die Forschungsergebnisse des durch Mittel der Demografie-Richtlinie finanzierten Forschungsprojektes zu Bleibemotiven und Verbleibchancen qualifizierter Frauen im Landkreis Görlitz vor. Hier wurden u.a. Wanderungsneigungen und Verbleibstrategien der Akteure thematisiert. Ergänzt wurden die Forschungsergebnisse am Vormittag durch den "Blick von außen. Prof. Eckehard Binas initiierte einst den Forschungsschwerpunkt "Transformationsprozesse in Wirtschaft und Gesellschaft" an der Hochschule Zittau/Görlitz und ist heute Präsident der Fachhochschule in Potsdam. Vor seinem Land-Stadt-Erfahrungsraum problematisiert er das ambivalente Verhältnis von Ruralität und Urbanität.

In der angestrebten intensiven Verschränkung von Wissenschaft und Praxis diskutierten die Teilnehmer*innen mit den impulsgebenden Gastreferent*innen im bewährten Format von vier parallelen Werkstattgesprächen im Anschluss an die Mittagspause Fragestellungen zu

(1) Innovationsbedingungen in ländlichen Regionen und geschlechterspezifischen Ansätzen im Umgang mit dem demografischen Wandel;

(2) notwendigen Infrastrukturen die Kommende anziehen und Bleibende halten;

(3) Innovationspotenzialen einer alternden Gesellschaft auf dem Land sowie

(4) spezifischen Kommunikationsweisen und Netzwerkbildungen im ländlichen Raum.

Präsentationen zu einzelnen Vorträgen und Impulsreferaten

Personen sitzen in Stuhlreihen und unterhalten sich.
Abschließende Diskussionsrunde der Teilnehmer*innen in der Aula

Die Ergebnisse wurden im März 2017 in der Studie "Wer kommt? Wer geht? Wer bleibt?" veröffentlicht.